In einem Schreiben vom 2. Februar 2012 schickten wir die Einwände und Anregungen der IG Freiburg21 an den Baubürgermeister, Prof. Dr. Martin Haag (hier verfügbar auch als pdf):

(eine Übersichtskarte zum besseren Verständnis finden Sie hier)


Sehr geehrter Herr Professor Dr. Haag,

in dem Gespräch am 16.11.2011 im Technischen Rathaus, in dem uns die Herren Rösch und Ebneth in Ihrem Auftrag über das Ergebnis der Standortalternativenprüfung informiert haben, konnten unsere ursprünglichen Bedenken und Einwände gegen den Bau eines Katastrophenschutzzentrums am bisherigen Standort 1 (westlich der Feuerwache) nicht aus­geräumt werden:

Bau eines Katastrophenschutzzentrums in einem Gewerbegebiet

Nach wie vor halten wir daran fest, dass es am besten für alle Rettungsdienste der Stadt Freiburg wie auch des Landkreises Breisgau-Hochschwarzwald wäre, ein Katastrophen­schutz­­-/Rettungszentrum, wie es gerade andere Städte wie Dresden, München, Stuttgart, Mannheim und Bruchsal aus städtebaulichen und organisatorischen Gründen und insbesondere wegen der Emissionen bereits umgesetzt haben bzw. planen, in einem Gewerbegebiet anzusiedeln.

Die Vorteile einer Auslagerung (Vermeidung von Immissionen wie Lärm, Abgasen und Licht für Wohngebiete; größere Übungsfläche, leichte Erreichbarkeit, Parkplätze) liegen auf der Hand. Darüber hinaus könnten die Kleingärten erhalten werden und Reserven für eine künftige hochwertige Wohnbebauung vorgehalten werden. Ebenso könnte dadurch eine Zer­schneidung der Wohngebiete Haslachs vermieden werden.

Die in der Beschlussvorlage angeführten zwei Faktoren – Vernetzung der Einsatzkonzepte und verkehrsgünstige Lage, die bei der sogenannten „zweiten Phase der nichtpolizeilichen Gefahrenabwehr“, bei der Standortauswahl als Rahmenbedingungen zu berücksichtigen sind, können ohne weiteres an einem Standort in einem Gewerbegebiet der Stadt Freiburg erreicht werden, zumal an einem derartigen Standort ohne weiteres ein künftiger Ausbau unter Einbeziehung des Technischen Hilfswerkes problemlos möglich wäre.

Es ist zudem völlig unnötig, wie die Konzepte anderer Städte in Baden-Württemberg zeigen, alle Rettungsdienste auf einen Standort zu konzentrieren.

Richtungsweisend ist es vielmehr, eine ausgewogene Verteilung auf die Stadtgebiete, verbunden mit entsprechenden Übungsmöglichkeiten in einem Gewerbegebiet (Ausbildungs­zentrum) zu schaffen. Wenn dann auch noch die Infrastruktur der Gebäude wie auch der Geräte stimmig ist, dann dürfte auch zukünftig der Freiwilligendienst attraktiv sein.

Wenn man dem Argument folgt, dass aus Gründen der schnellen Rettung nur ein zentraler Standort für das Rettungszentrum in Betracht komme, dann müsste man in der Tat das Rettungszentrum mitten in der Stadt – vielleicht sogar am früheren Standort der Feuerwache (C&A) – errichten. Dass dies natürlich keiner will, ist ja völlig klar. Erkennbar ist aber, dass die Stadt in der Vergangenheit sehr stark gewachsen ist und von daher eine stetige Verlagerung von städtischen Einrichtungen und Gewerbe- und Handwerksbetrieben aus dem Zentrum bzw. der zentrumsnahen Lage in die Peripherie erfolgt ist.

Die Gründe hierfür lagen und liegen auf der Hand – Verbesserung der betrieblichen Abläufe durch Gebäudestruktur und Parkmöglichkeiten, Erfüllung gesetzlicher Auflagen wie Unfall­schutz und Einhaltung der Immissionswerte. Außerdem wird die Mehrzahl der „Freiwilligen“ mit Ihrem Pkw zum Rettungszentrum fahren; nur eine Minderheit wird öffentliche Verkehrsmittel nutzen.

Ergebnis der Alternativenprüfung:

Vorab ist anzumerken, dass ein Vergleich der Standorte (1), (2) und (3) nur dann möglich ist, wenn

-       Lärmmessgutachten für alle drei Standorte

-       Gutachten in Bezug auf Abgas- und Lichtemissionen für alle drei Standorte

-       schlüssiges Raumkonzept (Kubatur) für den Übungshof, sonstige Verkehrsflächen und Stellplätze

vorliegen, wobei in den Gutachten nicht vergessen werden sollte, die bereits vorhandenen Emissionen (u.a. Lärm Zubringer B 31, Eschholzstraße, Bahnverkehr, Fluglärm – Hubschrauberrettungsdienst und Einflugschneise Kleinflugzeuge) einzurechnen.

In der Besprechung am 16.11.2011 haben Ihre Vertreter zugesagt, die Gutachten für die Standorte einzuholen und das Raumkonzept zur Verfügung zu stellen. Bislang fehlen diese Angaben und Daten, so dass die Auswertung der Matrix naturgemäß fehlerhaft ist. Das Konzept ließe sich so optimieren, dass bei allen drei Standorten die gleiche Kleingartenfläche aufgegeben werden müsste.

Darüber hinaus müsste zumindest für den Standort 1 ein lärmmedizinisches Gutachten eingeholt werden, um den gesundheitlichen Belangen der unmittelbar betroffenen Anlieger und Bewohner des Seniorenheims hinreichend gerecht zu werden.

Lärm-/Immissionsschutz:

Die Gleichstellung der Anwohner des Erlenwegs/Erlenhofs (allgemeines/reines Wohn-/Mischgebiet, wobei es sich bei dem Erlenhof um ein Altenheim handelt, für den besondere Schutzvorschriften greifen) mit „einem“ Anwohner südlich der Schwarzwaldmilch (Mischgebiet – Gewerbebetrieb), ein Anwesen, das im bestehenden Bebauungsplan unmittelbar an das Gewerbegebiet angrenzt und zudem zum Abbruch vorgesehen ist (siehe hierzu eine Ergänzung am Ende des Textes, die nicht Bestandteil des Briefes war), also lediglich noch einen zeitlich befristeten Schutz erfährt, ist nicht sachgerecht. Durch eine verbesserte Bebauungsvariante 3 könnte dem Schutz des Anliegers in erheblichem Umfang Rechnung ge­tragen werden, mit der Folge, dass der Standort 3 mit (+) zu bewerten wäre.

Unabhängig davon ist die im Lärmschutzgutachten getroffene Annahme, dass die Lärm­be­lästigung durch das Katastrophenschutzzentrum nicht zunehmen würde, nicht glaubwürdig. Bedingt durch die vielen freiwilligen Mitarbeiter, ist mit einer erheblichen Ausweitung des Übungsbetriebes, auch bis in die Nacht und früh morgens sowie ganztägig am Wochenende, zu rechnen.

Bei allen Übungen, die im vorderen Bereich des Übungshofes am Schlauchturm und auf Drehleitern sowie am Schwerlastkran stattfinden, haben die Anwohner keinerlei Schutz vor dem Lärm, da sich dort keine nach Norden abschirmenden Bauelemente befinden.

In der neuen Planung liegen nun die Parkplätze sogar direkt angrenzend an die Wohn­be­bauung. Es ist damit zu rechnen, dass damit auch noch nach 22 Uhr Übungen, Lärm und Abgase durch abfahrende Autos entstehen.

Allein schon durch die Ausweisung als Sondergebiet ist einer späteren, noch intensiveren Nutzung rechtlich Tür und Tor geöffnet, selbst wenn dies zum jetzigen Zeitpunkt tatsächlich noch nicht beabsichtigt sein sollte.

Lufthygiene/Klima/Licht:

Die Bewertung für den Standort (1) ist nicht zutreffend. Ebenso wie bei Standort (2) wird die Lufthygiene und das Klima durch die Verdopplung des Bauvolumens, der Anordnung der Baukörper, der Erhöhung der Mitarbeiterzahl nebst Stellplätzen und damit verbundener Zunahme von An- und Abfahrten für die Bewohner des angrenzenden allgemeinen und des reinen Wohngebietes wie auch des Altenheims erheblich verschlechtert, so dass die Be­wer­tung mit (-) vorgenommen werden müsste.

Da der Übungsbetrieb zunehmen wird, muss auch mit einer Zunahme der Abgase gerechnet werden, die die Luftqualität im angrenzenden Wohngebiet verschlechtert. Die Abgase des ge­planten Parkplatzes können infolge der ca. 7,5 m hohen südlichen Bebauung nur in das nördliche unmittelbar angrenzende Wohngebiet entweichen.

Das Übungsgelände und die Parkplätze müssen abends mit Scheinwerfern ausgeleuchtet werden. Das Streulicht beeinträchtigt im weiten Umfeld des Übungsgeländes die Anwohner. Daran ändert auch die geänderte Gebäudestellung nichts. Dazu kommen für die direkten Anwohner nach wie vor die erheblichen Belastungen durch Fahrzeugscheinwerfer und Blau­licht.

Bodenschutz:

Wie bereits dargelegt, ist eine Optimierung der Bebauungen möglich, mit der Folge, dass die Versiegelung bei allen drei Standorten nahezu gleich ist. Der Schlauchturm wird zudem, wie bisher, nur von der Feuerwehr benötigt. Die genannten Rettungsdienste, insbesondere die Bergwacht, haben diesen in der Vergangenheit nicht in Anspruch nehmen müssen und werden dies auch künftig nicht tun. Die Bergwacht hat viel geeignetere Übungsmöglichkeiten. Der Bergwacht, deren Einsatzgebiete im Osten der Stadt bzw. im Schwarzwald liegen, muss lediglich für Ihre Fahrzeuge und ihr Material ein vernünftiger und angemessener Unterbringungsraum zur Verfügung gestellt werden. Dieser könnte idealer­weise auch in einem östlichen Stadtteil lokalisiert sein.

Gewässerschutz/Hochwasserschutz:

Dieser Vergleich ist, zumindest was die Bewertung der Standorte 1 und 3 angeht, nicht sach­gerecht. Ohne weiteres kann auch für den Standort 3 ein Regenwasserkanal geschaffen werden.

Biotopschutz/Artenschutz:

Alle drei Standorte haben gleichermaßen aufgrund der vorgesehenen Bebauung und Ver­siegelung negative Auswirkungen auf die Umwelt.

Kleingärten:

Nach unseren Prüfungen und bei Optimierung der Pläne könnte ein ergebnisneutraler Wegfall von Kleingärten erfolgen. Die bisher vorgenommenen Berechnungen sind nicht korrekt, da sie sich auf die Anzahlen von Gärten unterschiedlicher Größe und nicht auf Kleingartenflächen beziehen.

Städtebauliches Einfügen/Stadtentwicklung:

Das Vorhaben widerspricht deutlich den Zielsetzungen des Stadtteil­entwicklungs­planes Haslach, der im Juni 2009 veröffentlicht wurde. Durch die vorgesehene Umwandlung eines Mischgebietes in ein Sondergebiet, das auch den Spielplatz am Marienmattenweg umfasst, hat der erst unlängst mit hohem Aufwand erstellte Spielplatz keinen Bestandsschutz mehr. Zudem grenzt er bei der zurzeit vorgesehenen Bebauung direkt an die Gebäude und den Parkplatz.

Auch fügt sich der vorgesehene Baukörper in Bezug auf Volumen, Masse und Höhe keines­falls städtebaulich ein. Darüber hinaus werden die unmittelbar angrenzenden Bungalows erheblich in der natürlichen Belichtung und Belüftung durch den Baukörper wie auch die vorgesehene Erhöhung der Gabionenwand von bislang 2,5 Meter auf 3,5 Meter beeinträchtigt.

Die Bewertung des Standortes 1 ist nicht korrekt. Nicht berücksichtigt wird die künftige Ent­wicklung des gesamten Bereichs zwischen der Staudingerstraße, der Haslacherstraße und dem Erlenweg. Dort ist Wohnbebauung vorgesehen. Damit hat das Vorhaben negative Aus­wirkungen und ist mit (-) zu bewerten. In Anbetracht des unmittelbar an den Standort 3 an­grenzenden Gewerbegebietes ist die vorgenommene Bewertung mehr als fragwürdig.

Erschließung:

Auch hier ergeben sich durch den geplanten Ausbau der Staudingerstraße bis zum Marien­mattenweg negative Auswirkungen. Es ist abzusehen, dass der Verkehr künftig über die obere Staudingerstraße erfolgen wird und es damit zu einer Gefährdung von Fahrradfahrern, Schulkindern und Fußgängern kommen wird. Bereits jetzt spielen sich im Kreuzungsbereich des Marienmattenweges und der Staudingerstraße gefährliche Szenen ab. Situationen, die sich nach dem Ausbau von Gutleutmatten drastisch häufen werden.

Funktionalität:

Die Querungsproblematik bezüglich der Eschholzstrasse (Standort 3) kann durch einen Fuß­gängerüberweg mit Ampelschaltung, der an dieser Stelle sowieso sinnvoll ist, behoben werden. Bei Standort 1 ist eine Erweiterung des Katastrophenschutzzentrums durch Auf­nahme weiterer Rettungsdienste nicht mehr möglich. Bereits jetzt müssen Einschränkungen beim Betrieb hingenommen werden.

Nach den Erfahrungen ist zu befürchten, dass die Übungen mit den lärmintensiven Geräten wie Flex, Motorsägen, Aggregate etc. nicht an der ausgewiesenen Sondertrainingsfläche, sondern an anderen Orten durchgeführt werden.

Kosten/Grunderwerb:

Nicht berücksichtigt wurde, dass ein Grundstückstausch möglich ist.

Konfliktpotential

Diese Bewertung ist im Hinblick auf die Anzahl der betroffenen Bewohner völlig unan­ge­messen. Die Anzahl der Kleingärten, die aufgegeben werden müssten, könnte bei allen Stand­orten gleich sein.

Abschließend bitten wir Sie höflich um Ihre qualifizierte schriftliche Stellungnahme und gehen außerdem davon aus, dass Sie dieses Schreiben als Anlage einer späteren Beschlussvorlage dem Bauausschuss vorlegen.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Hans-Joachim Schönfeld                    Erwin Brücher

         Sprecher                                           Sprecher


Am 19.02.2012 hinzugefügte Ergänzung, die nicht Bestandteil des Briefes an Prof. Dr. Haag war:

Der Anwalt einer Anliegerin eines Anwesens südlich der Schwarzwaldmilch teilte uns mit Schreiben vom 16.02.2012 auszugsweise mit, dass ihm per Email am 13.02.2012 folgende Stellungnahme des Stadtplanungsamtes der Stadt Freiburg zugeleitet wurde:

 

„(…) Selbstverständlich stehen Ihre Gebäude nicht zur Disposition. Tatsache ist jedoch, dass im wirksamen B-Plan neue Feuerwache, Plan-Nr. 6-1 aus dem Jahr 1967 die Bebauung südl. der Schwarzwaldmilch innerhalb der dargestellten Freihaltetrasse der ehem. ASS liegt und daher als „abzubrechen“ festgesetzt wurde (…)“

 

„(…) Da die Planung zur ASS nicht mehr weiterverfolgt wird und keine Aussicht auf Realisierung besteht, ist auch die nur damit zu begründende Darstellung von abzubrechenden Gebäuden nicht mehr zu rechtfertigen. Der Bebauungsplan ist hinsichtlich dieser Festsetzung damit m.E. funktionslos. Von daher ist die Aussage der IG, dass Sie nur „noch einen zeitlich befristeten Schutz“ hätten nicht zutreffend. Davon abgesehen haben sie eine wirksame Baugenehmigung. (…)“

 

„(…) Tatsache ist, dass die o.g. Regelungen im Zusammenhang mit der ASS nicht vollzugsfähig sind und nicht realisiert werden sollen. (…)“

 

Anmerkung der Interessengemeinschaft Freiburg21:

Die Interessengemeinschaft Freiburg21 freut sich, dass die Stadt auch die Belange der Anlieger südlich der Schwarzwaldmilch ernst nimmt und geht davon aus, dass dies nun bei der nächsten Bebauungsplanänderung auch so umgesetzt wird.